[Für den Chormeister. Mit Saitenspiel. Ein Psalm Davids.] (Ps 4,1)
In ihren Überschriften enthalten die Psalmen oft musikalische Angaben, deren Bedeutung sich uns heute meist nicht mehr erschließt. Es gibt auch einige Psalmen mit dem Hinweis "auf das Ende hin" in der Überschrift. Die Einheitsübersetzung unterschlägt diesen Hinweis. Für die Väter aber hatte er eine wesentliche Bedeutung, denn sie erklärten ihn so, dass der jeweilige Psalm sich in ganz besonderer Weise auf Jesus Christus und das durch ihn geschenkte Heil bezieht. Jesus ist Ende und Ziel des Glaubens, in ihm hat Gott uns alles geschenkt.
Psalm 4 hat im kirchlichen Stundengebet Eingang gefunden als Psalm zur Komplet, dem Nachtgebet der Kirche. Im letzten Vers spricht der Psalm vom sorglosen Schlaf dessen, der von Gott behütet ist. Von seinem Ende her gelesen ist der ganze Psalm erfüllt mit der Zuversicht dessen, der auf Gott sein Vertrauen setzt.
Wenn ich rufe, erhöre mich, Gott, du mein Retter! (Ps 4,2a)
Auch hier übersetzt die Einheitsübersetzung sehr schwach. Im Original heißt es:
Während ich rief, hörte mich der Gott meiner Gerechtigkeit.
Es handelt sich also weniger um eine Bitte an Gott um Erhörung, sondern um die zuversichtliche Gewissheit, dass Gott mein Gebet (er-)hört, noch bevor ich ihn anrufe. Es entspricht der Gerechtigkeit Gottes, jedem das zu geben, was er nötig hat. Das Gebet des Gerechten wird nie unerhört bleiben, weil Gott so in ihm seine Gerechtigkeit wirksam werden lässt.
Du hast mir Raum geschaffen, als mir angst war. Sei mir gnädig und hör auf mein Flehen! (Ps 4,2b)
War der erste Teil des Satzes eine Tatsachenbeschreibung des Glaubens, so wendet sich nun der Beter an Gott. Wieder ist es der Hinweis auf das, was Gott mit Sicherheit tut: Er schafft dem Bedrängten Raum. Erst am Ende, nachdem der Beter zweimal seine Zuversicht auf Gott zum Ausdruck gebracht hat, steht die Bitte an Gott um Erhörung.
Aber warum bittet er Gott, da er doch weiß, dass er erhört wurde? Jede neue Bedrängnis stellt uns immer wieder vor die Herausforderung, ihr mit Zuversicht zu begegnen. Dabei ist es gut, sich an die frühere Hilfe Gottes zu erinnern. Gott wird auch nun wieder helfen. Dennoch tut es gut, Gott erneut um seine Hilfe zu bitten.
Gott schafft Weite, Gott schafft Raum. Gott ist nicht der Gott der Engstirnigen und Kleingeister. Wer glaubt, den führt Gott in die Weite, dessen Geist öffnet sich, aber auch räumlich können wir diese Weite verstehen. Jeder weiß sicher, was Beklemmung bedeutet. Ich fühle mich nicht wohl, fühle mich bedrängt, und dies kommt auch in der Körperhaltung zum Ausdruck. Wer auf Gott vertraut, der braucht sich nicht klein zu machen. Gott schafft ihm Raum, sich zu entfalten und schafft weg, was diesen Raum begrenzt.