Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt einander und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat! Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! (Kol 3,13-15)
Bereits in Kol 3,10 war vom Anziehen des neuen Menschen die Rede. Symbolisch kommt dies durch das Taufkleid zum Ausdruck. Mit reinen weißen Gewändern sind die Getauften bekleidet worden, als sie aus dem Wasser kamen. Dieses Ereignis stand den Menschen in Kolossä noch lebendig vor Augen. Daran werden sie immer wieder erinnert. Denke daran, was dir geschenkt wurde durch die Taufe, denke daran, wie du damals voller Glauben in das Wasser gestiegen bist. Vertraue darauf, dass du nun als neuer Mensch leben kannst. In der Taufe ist wirklich etwas mit dir passiert, das dein Leben grundlegend verändert hat. Vergiss das nie!
Das weiße Gewand der Taufe steht als Symbol für die Erneuerung des ganzen Menschen. Nicht nur das Gewand soll rein und weiß sein, vor allem soll es der Mensch in seinem inneren sein. Durch die Taufe ist er eingetreten in den Kreis der Erwählten und Heiligen, die von Gott geliebt sind. Das muss seinen Ausdruck finden im Leben. Erbarmen, Güte, Demut, Milde und Geduld sind das Zeichen dieser Heiligkeit.
Immer wieder wird darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, vergeben zu können. Jesus selbst hat dies seinen Jüngern immer wieder eingeschärft und der Aufruf zur Vergebung ist Kernbestand christlicher Verkündigung. Gott hat dem Menschen so viel vergeben, daher dürfen wir nicht kleinlich sein, wenn es darum geht, anderen zu vergeben. Wer nicht vergeben kann, schadet letztlich sich selbst. Der Hass auf andere frisst sich wie eine Wunde in die Seele und hinterlässt dunkle Schatten.
Zum weißen Gewand der Erwählten gehört in ganz besonderer Weise die Liebe. Sie baut die Gemeinschaft auf, sie schafft Frieden und Heil, sie bringt Licht in die Welt. Gott ist vollkommene Liebe. Unsere Berufung ist es, immer mehr in der Liebe zu wachsen, um so Gott immer ähnlicher zu werden.
Hier wird der Brief konkret und beschreibt, wie das neue Leben, das Christus den Gläubigen geschenkt hat, seinen Ausdruck im Leben jedes einzelnen findet. Besonders die Dankbarkeit ist ein Markenzeichen des Christen. Er lebt in dem ständigen Bewusstsein, dass ihm alles geschenkt ist. Nichts sieht er als eigenen Gewinn an, nichts gehört ihm. Er geht nicht mit den Ellenbogen durch die Welt, sondern mit offenen, schenkenden Händen, um das, was er selbst geschenkt bekommen und dankbar empfangen hat, mit anderen zu teilen.
Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist! Und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen. Dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar! (Kol 3,14-15)
Das ist ein Spruch, den sich viele Eheleute für ihre Hochzeit aussuchen. Die Kirche hat ihn für das Fest der Heiligen Familie als Lesungstext gewählt. Diese Familie kann uns Vorbild sein in einer Zeit, in der es scheint, dass das Modell der christlichen Familie ausgedient hat. Doch so wirklich traditionell war das Leben der Heiligen Familie damals ja auch nicht. Es gab damals sicher keine frommen Gläubigen, die in der Schwangerschaft Mariens das Wirken Gottes sahen. Doch Josef hat seine Frau angenommen und das Kind, das nicht sein leiblicher Sohn war, wie seinen eigenen Sohn aufgezogen. Das Leben in Nazaret stand sicher nicht unter einem goldenen Schleier, wie es fromme Darstellungen zeigen. Es war eine Familie wie jede andere, die für ihren Lebensunterhalt hart arbeiten musste, die versuchen musste, mit ihren Nachbarn gut auszukommen und Freunde zu finden. Vielleicht kann die Heilige Familie auch heute Vorbild bleiben, wenn wir den Glanz frommer Legende von ihr nehmen und wir sie als ganz normale Familie sehen, zwar aus einer fernen Zeit, aber auch heute noch aktuell, weil sie zusammen gehalten hat, den Widrigkeiten des Schicksals getrotzt hat und gemeinsam ein Kind aufgezogen hat.
Wenn auch das Bild von Familie sich im Laufe der Zeiten wandelt, so soll christliche Familie doch ein Ort bleiben, an dem das Band der Liebe hält und so die Gegenwart des Herrn erfahrbar wird, ein Ort, an dem Menschen in Frieden zusammen leben, an dem man gerne ist, einladend und Freundlichkeit ausstrahlend.