Da wir nun einen erhabenen Hohepriester haben, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes, lasst uns an dem Bekenntnis festhalten. Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen, sondern einen, der in allem wie wir versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat. Lasst uns also voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Erbarmen und Gnade finden und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit! (Hebr 4,14-16)
Jesus Christus ist der Hohepriester des Neuen Bundes. Der Hebräerbrief zeigt, wie Jesus Christus als solcher die Hohenpriester des Alten Bundes bei weitem übertrifft. Die Kulthandlungen der jüdischen Hohenpriester waren nur Stückwerk, menschliche Handlungen, die zeitlich begrenzt waren und daher regelmäßig wiederholt werden mussten. Das, was Jesus Christus getan hat, ist göttlich und einmalig und bleibt für die Ewigkeit.
Der erste Bund hatte zwar gottesdienstliche Vorschriften und ein irdisches Heiligtum. Es wurde nämlich ein erstes Zelt errichtet, in dem sich der Leuchter, der Tisch und die Schaubrote befanden; dieses wird das Heilige genannt. Hinter dem zweiten Vorhang jedoch war ein Zelt, das Allerheiligstes genannt wird, mit dem goldenen Rauchopferaltar und der ganz mit Gold überzogenen Bundeslade; darin waren ein goldener Krug mit dem Manna, der Stab Aarons, der Triebe angesetzt hatte, und die Bundestafeln; über ihr waren die Kerubim der Herrlichkeit, die die Sühneplatte überschatteten. Doch es ist nicht möglich, darüber jetzt im Einzelnen zu reden.
So also ist das alles geordnet. In das erste Zelt gehen die Priester das ganze Jahr hinein, um die heiligen Dienste zu verrichten. In das zweite Zelt aber geht nur einmal im Jahr der Hohepriester allein hinein, und zwar mit dem Blut, das er für sich und für die unwissentlich begangenen Vergehen des Volkes darbringt. Damit macht der Heilige Geist deutlich, dass der Weg in das Heiligtum noch nicht offensteht, solange das erste Zelt noch Bestand hat.
Das ist ein Gleichnis, das auf die gegenwärtige Zeit hinweist, in der Gaben und Opfer dargebracht werden, die das Gewissen des Opfernden nicht zur Vollkommenheit führen können; es handelt sich nur um Speisen und Getränke und allerlei Waschungen, äußerliche Vorschriften, die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt worden sind. (Hebr 9,1-10)
In knappen Worten und mit dem Hinweis, darauf nicht ins Detail eingehen zu können, erklärt der Hebräerbrief kurz den Opferkult des Alten Bundes, der im Tempel vollzogen wurde. Neben den regelmäßigen Opfern im Tempel gab es ein besonderes Opfer, das nur am Versöhnungstag, dem Fest Jom Kippur, das bis heute das höchste aller jüdischen Feste darstellt, dargebracht wurde. Zu diesem Opfer betrat der Hohepriester allein das sonst unzugängliche Allerheiligste des Tempels, um dort ein besonderes Opfer für die Sünden des Volkes darzubringen.
Der Gedanke, dass Blut reinigt und heilt ist wesentlich zum Verständnis des jüdischen Kultes. Uns ist dieser Gedanke fremd geworden. Doch um den Hebräerbrief zu verstehen, müssen wir uns diesen Gedanken aneignen. Blut ist etwas Heiliges. In ihm steckt die Kraft des Lebens. Um Blut zu gewinnen, muss getötet werden. Tiere aus der Herde, die den wichtigsten Besitz der damaligen Menschen darstellten, wurden geschlachtet. Dem Blut dieser Tiere schrieb man eine besondere Opferwirkung zu, die Gott dazu bewegt, den Menschen gnädig zu sein.
Die Wirkung dieser Opfer ist begrenzt, was in der Notwendigkeit der ständigen Auffrischung deutlich wird. Im Hebräerbrief setzt sich die Überzeugung durch, dass diese Opfer generell nicht den Wert haben, der ihnen beigemessen wird. Gott bedarf dieser Opfer nicht. Er findet einen anderen Weg, um die Menschen von ihren Sünden zu befreien. Er bringt sich in seinem Sohn selbst ein Opfer dar. Gottes Sohn stirbt und sein Blut reinigt die Menschheit ein für alle Mal von ihren Sünden. Gott schenkt so den Menschen selbst die Erlösung und zwar dauerhaft und unvergänglich.
Das Opfer Christi kann und muss nicht wiederholt werden. Es ist und bleibt einmalig. Und doch wird es immer wieder gegenwärtig gesetzt in der Eucharistie. Die Feier der Eucharistie ist die ständige Gegenwärtigsetzung des Opfers Jesu Christi. Das, was damals blutig auf Golgota geschah, wird hier unblutig Wirklichkeit in der Gestalt von Brot und Wein, die in Christi Leib und Blut gewandelt werden.