Vor euch, Brüder, konnte ich aber nicht wie vor Geisterfüllten reden; ihr wart noch irdisch eingestellt, unmündige Kinder in Christus. Milch gab ich euch zu trinken statt fester Speise; denn diese konntet ihr noch nicht vertragen. Ihr könnt es aber auch jetzt noch nicht; denn ihr seid immer noch irdisch eingestellt. Oder seid ihr nicht irdisch eingestellt, handelt ihr nicht sehr menschlich, wenn Eifersucht und Streit unter euch herrschen? Denn wenn einer sagt: Ich halte zu Paulus!, ein anderer: Ich zu Apollos!, seid ihr da nicht Menschen? (1Kor 3,1-4)
Einige von den Korinther halten sich für besonders geisterfüllte Menschen, doch das Leben in der Gemeinde gleicht nicht einer Gemeinschaft von Vollkommenen. Es gibt Missstände, kapitales Fehlverhalten von Menschen, die als gläubige Christen als Heilige in der Welt leben sollten. In der Gemeinde sind Gruppen entstanden, die miteinander in Streit liegen. Jede Gruppe schreibt sich ein anderes Motto auf die Fahnen und meint, so besser, weiser, geisterfüllter zu sein als die anderen.
Diese Gruppen führen sich auf verschiedene Gründerpersönlichkeiten zurück, die bei der Missionierung und dem Aufbau der Gemeinde eine besondere Rolle gespielt haben. Da ist zum einen Paulus, dem als Erstmissionar eine große Bedeutung zukommt. Dann gibt es Apollos, einen gebildeten und wortgewandten Judenchristen, der bei seinem Auftreten viele begeistert hat.
Apollos hat das Werk des Paulus fortgeführt und wollte nicht mit ihm in Konkurrenz treten, aber manche Gemeindemitglieder haben wohl mehr auf die unterschiedlichen Akzentuierungen der beiden geachtet als auf das, was sie verbindet. Dann gab es aber auch noch andere Prediger in Korinth. Sie alle haben Gruppen mit ihren Anhängern hinterlassen und von einer Gemeinde, die einträchtig auf dem wirklichen Fundament Jesus Christus steht, ist wenig zu erkennen.
Paulus wird in seinem Brief sehr deutlich, dass diese Missstände Flecken auf dem Bild der Gemeinde sind. Aber er bleibt nicht bei der einfachen Kritik stehen, sondern will den Korinthern mit vielen Bildern ihr Fehlverhalten vor Augen führen, damit sie es wirklich erkennen und sich ändern.
Vor allem zeigt er den Korinthern, dass ihr eitles Rühmen fehl am Platz ist. Sie können ganz und gar nicht von sich behaupten, dass sie den Gipfel der Weisheit erreicht haben. Sie sind vielmehr wie kleine Kinder, die Milch bekommen, weil sie feste Speise noch nicht vertragen. Das muss ein harter Schlag für jene gewesen sein, die sich für vollkommen gehalten haben.
Was ist denn Apollos? Und was ist Paulus? Ihr seid durch sie zum Glauben gekommen. Sie sind also Diener, jeder, wie der Herr es ihm gegeben hat: Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen lässt. Wer pflanzt und wer begießt: Beide arbeiten am gleichen Werk, jeder aber erhält seinen besonderen Lohn, je nach der Mühe, die er aufgewendet hat. (1Kor 3,5-8)
Paulus vergleicht die Gemeinde mit einer Pflanze. Paulus hat sie eingepflanzt, Apollos hat sie gegossen, Gott aber gibt ihr das Wachstum. Daher ist Gott größer, alle anderen sind nur Mitarbeiter Gottes.
Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau. (1Kor 3,9)
Die Gemeinde ist Gottes Ackerfeld, Gottes Bau. So leitet Paulus über auf das neue Bild aus dem Bereich der Architektur. Alle Missionare und Gemeindeleiter bauen mit am Haus der Gemeinde, alle bauen auf dem gleichen Fundament, Jesus Christus, aber jeder hat seinen eigenen Baustil. Das Haus hat jedoch nur Bestand, wenn mit festem Material gebaut wird und ob das das Bauwerk Bestand hat, wird mit Feuer geprüft werden.
Der Gnade Gottes entsprechend, die mir geschenkt wurde, habe ich wie ein guter Baumeister den Grund gelegt; ein anderer baut darauf weiter. Aber jeder soll darauf achten, wie er weiterbaut. Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus. Ob aber jemand auf dem Grund mit Gold, Silber, kostbaren Steinen, mit Holz, Heu oder Stroh weiterbaut: das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muss er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch. (1Kor 3,10-15)
Vom Bauwerk leitet Paulus über auf das Bild vom Tempel. Jeder Getaufte ist ein Tempel Gottes. Das ist eine Tatsache, die es zu achten gilt. Alle Missionare und Prediger müssen mit den Gläubigen so umgehen, wie mit wertvollem Tempelgerät. Sie müssen die Würde und Heiligkeit des einzelnen achten und dürfen nichts tun, was diese Würde verletzt. Wir können hier an die Missbrauchsfälle denken, die ein Beispiel dafür geben, wie Menschen andere, die ihnen anvertraut haben, verletzt haben. Aber auch schon kleinere Vergehen von Gemeindeleitern können in den ihnen Anvertrauten tiefe Wunden hinterlassen.